2006
"Romulus der Große"
"Romulus der Große"
Genre: KomödieAutor: Friedrich DürrenmattSpielzeit: März 206Spielort: Mehrzweckhalle MoosburgAufführungen: 6 + 1Aufführungsrechte: Felix Bloch Erben
Regie
Regie: Karsten HinrichsRegieassistenz: Barbara Aschenbrenner
Darsteller
- Markus John als "Romulus Augustus", Kaiser von Westrom
- Elfriede Stettmeier als "Julia", seine Frau
- Josepha Wimmer als "Rea", seine Tochter
- Jürgen Radius als "Zeno", Kaiser von Ostrom
- Florian Maruschke als "Ämilian", röm. Patrizier
- Paolo Schulze als "Tullius Rotundus", Innenminister
- Alexander Vitzthum als "Spurius Titus Mamma, Reiterpräfekt
- Rolf Jenzig als "Achilles", Kammerdiener
- Gökhan Sennli als "Pyramus", Kammerdiener
- Johanna Gammel-Kollmannsberger als "Apolonia", Kunsthändlerin
- Hans Stettmeier als "Cäsar Rupf", Industrieller
- Michael Franz als "Odoaker", Fürst der Germanen
- Wilkin Herrmann als "Theoderich"", sein Neffe
- Anna Stettmeier als "Phosphorida", Zermonienwächterin
- Daniela Meinelt als "Sulphurida", Zeremonienwächterin
- Herbert Kramjowsky als "Koch
- Simon Kollmannsberger als "Mares' Adjutant, Bote
- Kasten Hinrichs als "Phylax"
Hinter der Bühne
- Bühnenbau: Herbert Kramkowski & Team
- Maske: Cäcilia Probst
- Souffleuse: Christiane Müller
- Technik: Johannes und Hans Stettmeier, Stefan schlecht, Stefan Lastowitza, Florian Fischer
- Satz, Grafik, Programmheft: grafischer Betireib W. Hellmich, Irene Herrmann
InhaltHistorischer Hintergrund:Odowaker, ein germanischer Söldnerführer, wurde im Jahre 476 von seinen Truppen nach dem Einmarsch nach Italien zum König erhoben. Er setzte den letzten weströmischen Kaiser Romulus Augustus ab. Man kann dies als das Ende des weströmischen Reiches betrachten, denn es wurde ein römisch-germanisches Italien geschaffen, welches von Germanen regiert wurde. Odowaker anerkannte aber die Oberhoheit des oströmischen Kaisertums.Zum Inhalt:"Romulus der Große" dürfte Dürrenmatts komischstes Stück sein -- und auch eines seiner pessimistischsten. In seiner "ungeschichtlichen historischen" Komödie macht er aus dem letzten Kaiser Westroms, dem 16jährigen Romulus Augustulus (also dem mehrfach verkleinerten Augustus) einen menschlichen, großen, lange Zeit regierenden Kaiser, der das Wesen großer Reiche durchschaut hat. Romulus der Große lehnt es ab, weiter ein Weltreich am Leben zu erhalten, das sich nur aufgrund von Unterdrückung und Blutvergießen halten kann, und hat in den 20 Jahren seiner Herrschaft durch vorgebliche Trottelhaftigkeit das Reich zielstrebig ruiniert. Sollen es doch die Germanen übernehmen. Padua haben sie ja schon...
Dürrenmatts Stück spielt in den letzten Tagen von Romulus' Regierung. Alles geht seinen gewohnten Gang: Das Staatsoberhaupt widmet sich innig der Hühnerzucht (alle Hühner sind nach römischen Kaisern benannt, und am besten von allen legt Odoaker...), während seine Frau vergebens seinen Ehrgeiz wecken will. Seine Tochter studiert klassische Tragödien, Kunsthändler und Hosenfabrikanten forcieren den Ausverkauf des Reiches, Kriegs- und Innenminister halten geschäftig den Schein aufrecht, ein Staatswesen zu leiten, und die tatsächlich wichtigen Amtsträger bei Hofe sind der Koch und die beiden Kammerdiener.
Diese imperiale Idylle wird nun gestört -- der byzantinische Kaiser samt Kammerdienerinnen und byzantinischem Hofzeremoniell ersucht um Asyl, der lange verschollen geglaubte Verlobte von Romulus' Tochter konnte sich aus germanischer Gefangenschaft befreien, wo er Fürchterliches durchgemacht hat -- und die Germanen rücken immer näher.
Aus diesem Zusammentreffen macht Dürrenmatt nun eine Komödie, deren Komik auf allen Ebenen funktioniert. Situationskomik und bitterböse Satire sind ineinander verschränkt, und aus den aberwitzigen Situationen ergeben sich am laufenden Band Sätze wie "Es schreit ein jeder Innenminister auf, wenn man auf die Gerechtigkeit anstößt".
Allerdings bleibt Dürrenmatt nicht stehen beim komischen Untergang.Zum AutorDürrenmatt wurde am 5. Januar 1921 in Bern geboren. Sein Vater war protestantischer Pfarrer. 1941 schloss er das Gymnasium erfolgreich ab, worauf er Philosophie, Literatur und Naturwissenschaften studierte. Sein erstes Theaterstück "Es steht geschrieben", wurde um 1947 aufgeführt, kurz nachdem er die frühere Schauspielerin Lotti Geissler heiratete. Mit 34 Jahren gelang im der Durchbruch zur Weltgeltung als Bühnenautor mit der Komödie "Der Besuch der alten Dame". Weitere wichtige Daten waren beispielsweise der Schillerpreis der Stadt Mannheim (1959), der Schillerpreis der Schweiz (1960) und "Die Physiker" (1962). 1978 zog der Autor sich aus der Theaterarbeit zurück. Am 14. Dezember 1990 starb Dürrenmatt.RezensionenMax Frisch / Die Weltwoche, Zürich»Es scheint mir entscheidend, daß Dürrenmatt nicht einfach den Ausverkauf einer Kultur zeigt, was eine zynische oder sarkastische Farce lieferte und weiter nichts, sondern im Mittelpunkt einen Menschen, der diesen Ausverkauf vollzieht im Sinne einer Erkenntnis, im Sinne einer unerschütterlichen Bejahung, die allein alles andere was geschieht als Komödie erscheinen läßt. Woher aber die Bejahung? Zweierlei ließe sich denken. Ein Revolutionär, der den Untergang einer Kultur bejaht, weil er eine bekömmlichere erwartet; nur ist die Bejahung der Revolutionäre, wie es scheint, selten so krampflos, daß ihnen das Verneinte wirklich zur Komödie würde. Wieviele Revolutionäre gibt es, die Humor haben? Das andere ist die Bejahung, wie sie Dürrenmatt besitzt, die religiöse; nur wissen wir, daß das Religiöse, wo es ernst wird, immer eine erschreckende Erscheinung ist, ein Ding, das nicht unterzubringen ist in unserer christlichen Gartenlaube, ein Ärgernis.«Howard Taubman / The New York Times»Mit einem Sinn für Absurdität, hinter dem sich Reife und Intelligenz verbergen, macht sich Romulus der Große lustig über die Aufgeblasenheit der Vergangenheit und wirft einige scharfsinnige Blicke auf die Gegenwart.«Gilles Plazy / Le Monde, Paris»Das Stück von Dürrenmatt ist schön, breit angelegt, reich an allen Tönen der Tragikomödie, voll von zeitnahen Resonanzen.«Elisabeth Brock-Sulzer»Wer sind Dürrenmatts künstlerische Ahnen? Ein Äschylos, ein Shakespeare, ein Cervantes, Swift, Nestroy, Büchner, Kleist, Hieronymus Bosch, Brueghel; und wäre das mittelalterliche Theater noch lebendiger Gemeinbesitz - man müßte es erwähnen in dieser Vergleichsweise. Also alles barbarisch Kluge, alles, was durch irgendeine Form von »Protestantismus«, hindurch seine Sinnlichkeit bewahrt hat.«